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Humangenetik / Neurologie

DIE ROLLE DER HUMANGENETIK
IN DER NEUROLOGIE

Neurologische Fragestellungen stellen von jeher einen bedeutenden Schwerpunkt im Fachbereich der Humangenetik dar. Klinische Fallbeschreibungen neurologischer Krankheitsbilder, wie z.B. der Chorea Huntington oder der Duchenne’schen Muskeldystrophie, reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Erst die Erforschung der genetischen Grundlagen jedoch, wie z.B. die Entdeckung des Dystrophin-Gens 1986 oder auch des Huntingtin-Gens 1993, ermöglichte in der Folge die sichere Diagnosestellung bei den Betroffenen selbst und setzte damit wichtige „Meilensteine“ für sowohl den Fachbereich der Neurologie als auch der Humangenetik.

In den letzten zwei Jahrzehnten konnte auf diese Weise bei einer wachsenden Zahl von neurologischen Erkrankungen die genetische Ursache identifiziert und eine entsprechende molekulargenetische Diagnostik etabliert werden. Insbesondere bei den sehr heterogenen Krankheitsbildern, also Erkrankungen wie z.B. den Neuropathien oder Ataxien, mit denen Mutationen in verschiedenen Genen assoziiert sein können, stellte die Einführung der Next Generation Sequencing Technologie (NGS) in den letzten Jahren einen weiteren wichtigen Meilenstein dar. Durch die Möglichkeit, eine große Gruppe von Genen parallel zu untersuchen, hat diese Technik mit der Identifikation der jeweiligen genetischen Ursache zum einen die Klassifikation dieser Erkrankungen revolutioniert. Die über die Genetik gewonnenen Einsichten in die pathophysiologischen Zusammenhänge haben aber vor allem auch die Entwicklung einer wachsenden Zahl von Therapieansätzen ermöglicht. In der Folge hat sich der Fachbereich der Neurogenetik eindrucksvoll weiterentwickelt und steht nun in einigen Bereichen an der Schwelle vom Wechsel von der Diagnostik seltener Erkrankung zur Anwendung neuentwickelter, auf der molekulargenetischen Grundlage basierender Therapien.

Die Humangenetik stellt jedoch bei weitem nicht nur eine reine Laborleistung dar. Die klinisch-genetische Untersuchung, humangenetische Beurteilung und anschließende Diagnostik bei neurologischen Fragestellungen dient in erster Linie der Diagnosestellung mit dem Ziel einer in der Folge optimierten Patientenversorgung. Auch dem Ausschluss differentialdiagnostisch in Frage kommender Krankheitsbilder kommt dabei große Bedeutung zu. Jedoch endet die humangenetische Betreuung neurologischer Patienten nicht mit der alleinigen Feststellung der Diagnose, sondern unsere Aufgabe ist es zum einen, im Sinne eines Mittlers zwischen Patient und Klinik, den Betroffenen und ggf. Angehörigen über den meist sehr komplexen molekularen Hintergrund des erhobenen Befundes aufzuklären, und zum anderen, ihnen auch im weiteren Verlauf bei Fragen zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und möglichen neuen genspezifischen Therapieansätzen als Experte zur Seite zu stehen. Hierzu gehört es auch, insbesondere bei den in der Regel seltenen Krankheitsbildern, Kontakte zu den klinischen Experten und Spezialsprechstunden, aber auch zu Patientenorganisationen herzustellen.

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Neurologie / Neuropädiatrie

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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Spinale Muskelatrophie

SPINALE MUSKELATROPHIE

Einleitung

Die 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (5q-SMA) gehört zu den häufigsten genetisch bedingten neuromuskulären Erkrankungen. Die Häufigkeit beträgt 1:5.000 – 1:10.000. Circa jede 35. – 45. Person der Normalbevölkerung ist symptomloser Anlageträger.

Die Gruppe der Spinalen Muskelatrophien umfasst genetisch bedingte Erkrankungen, die durch einen langsam fortschreitenden Untergang von Vorderhornzellen im Rückenmark und zum Teil auch motorischer Hirnnerven-kerne gekennzeichnet ist. Die Vorderhornzellen leiten Impulse an die Muskulatur weiter, die für die willkürlichen Bewegungen wie Krabbeln, Laufen und Kopfkontrolle zuständig sind.

Die klinische Klassifikation der SMA gibt eine Unterteilung in Typ I, II, III und IV vor. Diese Unterteilung beruht im Wesentlichen auf der Definition erworbener Tätigkeiten (z. B. Sitzen, Laufen). Bei der SMA Typ I und Typ II handelt es sich um die schwere Form der Erkrankung, die bereits im Neugeborenenalter bzw. im zweiten Lebenshalbjahr diagnostiziert wird. Die ersten Symptome zeigen sich in Form einer ausgeprägten Muskelschwäche, das freie Sitzen ist nicht möglich. Das klinische Bild wird im weiteren Verlauf hauptsächlich durch die Trinkschwäche und die respiratorischen Probleme geprägt. Die Mehrzahl der betroffenen Kinder stirbt ohne Therapie innerhalb der ersten zwei Lebensjahre. Der Typ III ist vom Verlauf milder und beginnt zwischen dem Säuglings- und Jugendalter, wobei das klinische Spektrum sehr breit ist. Die Kinder können das Sitzen und meist Laufen erlernen, verlieren aber die Gehfähigkeit später häufig wieder. Daher ist ein großer Teil der Kinder später auf den Rollstuhl an-gewiesen. Betroffene mit einem Typ IV erkranken nach dem 30. Lebensjahr. Da die motorische Entwicklung in den ersten Lebensjahren z. T. verzögert abläuft, ist eine klinische Unterscheidung zwischen Typen oft zum Diagnosezeitpunkt nicht sicher zu treffen. Insgesamt erlaubt der variable Krankheitsverlauf keine Vor-hersage über die individuelle Prognose.

Genetische Ursachen

Die Spinale Muskelatrophie wird durch eine Veränderung im Erbgut hervorgerufen. Das Erbgut liegt bei jedem Menschen in Form von DNA-Molekülen vor, die in bestimmten Abfolgen die sogenannten Gene bilden. Die Gene sind ein Bauplan, der allen Prozessen im menschlichen Körper zu Grunde liegt. Krankheitsursächliche Genveränderungen werden als Mutationen oder pathogene Varianten bezeichnet. Die häufigste Form einer früh manifestierenden SMA, die sogenannte 5q-SMA, wird autosomal rezessiv vererbt und beruht auf einer Mutation beider Allele (Homozygotie) des Gens SMN1 (survival-motor-neuron 1) auf Chromosom 5 (5q13.2). Die häufigste Art der Mutation ist eine Deletion (Stückverlust) des SMN1-Gens. Nur bei 2 – 5 % der Patienten liegt eine heterozygote (also nur auf einer der beiden

Kopien des Gens befindliche) Deletion zusammen mit einer Punktmutation auf der zweiten elterlichen Genkopie vor. Etwa 2 % der Anlageträger tragen zwei SMN1-Kopien auf einem Allel (SMN1-Duplikation) und keine SMN1-Kopie auf dem anderen Allel (SMN1-Deletion) (Genotyp: SMN1[2+0]). Das unterschiedliche Manifestationsalter bzw. der unterschiedliche Verlauf der Formen I bis III wird wesentlich durch die Anzahl der vorhandenen Kopien des chromosomal benachbarten  und nahezu identischen Gens SMN2 beeinflusst, von dem im Vergleich zum Gen SMN1 nur eine geringe Menge Volllängen-Transkript abgelesen wird und somit nur eine geringe Menge eines funktionsfähigen Proteins gebildet wird.

Die auf einer SMN1-Mutation beruhende 5q-SMA ist die häufigste Form der SMA im Kindes-alter. Daneben gibt es weitere, auf Mutationen in anderen Genen beruhende Erkrankungen, bei der es zu einem klinisch ähnlichen Verlust von motorischen Vorderhornzellen kommt. Bei diesen differentialdiagnostisch in Erwägung zu ziehenden Erkrankungen sind auch autosomal dominante oder X-gebundene Erbgänge möglich.

Vererbung

Die DNA, die das Erbgut des Menschen darstellt, bildet zwei Sätze von je 23 Chromosomen. Dabei ist ein Satz der Chromosomen von der Mutter vererbt, der andere Satz vom Vater.

Das SMN1-Gen ist auf Chromosom 5 lokalisiert. Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt: Von einem autosomal rezessiven Erbgang spricht man, wenn bei jeweils einem Elternteil auf je einer Erbanlage ein „Schreibfehler“ (Mutation) vorliegt, der bei den Nachkommen nur zur Erkrankung führt, wenn von beiden Elternteilen ein „Schreibfehler“ weitervererbt wird. Dafür wird ein Risiko von 25 %  angegeben. Es besteht eine Chance von 25 %, keine der Erbanlagen mit dem Schreibfehler zu erben und eine Wahrscheinlichkeit von 50 %, eine Erbanlage mit der Mutation zu erben. Eine pränatale Diagnostik ist für Eltern eines betroffenen Kindes in einer weiteren Schwangerschaft zuverlässig möglich.

Diagnosestellung

Die klinische Verdachtsdiagnose einer SMA ergibt sich aus der klinisch-neurologischen Untersuchung, möglicherweise unter zu Hilfenahme elektrophysiologischer Untersuchungen. Der Creatinkinase (CK)-Wert, der auf eine Muskelerkrankung hin-weisen kann, ist in der Regel nicht oder nur moderat erhöht. Auch wenn ein charakteristisches klinisches Bild eine SMA nahelegt, erfolgt die Diagnosesicherung mittels einer humangenetischen Diagnostik aus einer Blutprobe.

Verlauf und Behandlung

Die Spinalen Muskelatrophien sind chronische, fortschreitende Erkrankungen, wobei Schweregrad und Verlauf unterschiedlich sein können. Eine effektive Behandlung erfolgt multidisziplinär und bedarf einer Zusammenarbeit von Arzt, Physiotherapie, Ergotherapie und Pflege, oft auch mit psychologischer Unterstützung für die Betroffenen und ihre Angehörigen.

Molekulare Therapien

Seit Juli 2017 gibt es in Deutschland eine erste zugelassene Therapie der spinalen Muskelatrophie mit dem intrathekal zu verabreichenden Präparat Spinraza® (Nusinersen). Nusinersen ermöglicht keine grundsätzliche Heilung, verlangsamt den Progress der Erkrankung jedoch wesentlich und führt in vielen Fällen sogar zu einem Zugewinn an motorischen Fähigkeiten. Daher ist ein früher Therapiebeginn, optimalerweise vor dem Einsetzen der Neurodegeneration mit Verlust von motorischen Fähigkeiten, entscheidend. Ein ähnlich wirksames, oral verfügbares Präparat Evrysdi® (Risdiplam) wurde im März 2021 ebenfalls  zugelassen.

Genersatztherapien

Mithilfe des Adenovirusassoziierten Virus-Vektors (Viruskapsid, sog. AAV9-Vektor) versucht man ein Stück  komplementäre DNA, die für das SMN-Protein kodiert, durch eine einmalige intravenöse Infusion über die Blut-Hirn-Schranke in die motorische Vorderhornzelle einzuschleusen. Der Wirkstoff Onasemnogene Abeparvovec- Xioi (Zolgensma®) wurde von der Firma Avexis/Novartis entwickelt und ist in den USA seit Mai 2019 und in  Europa seit Mai 2020 zur Behandlung von Kindern mit SMA bis zum Alter von zwei Jahren zugelassen.

Selbsthilfegruppen und nützliche Adressen

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Neurologie / Neuropädiatrie

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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Pränataldiagnostik: Einführung

PRÄNATALDIAGNOSTIK:
EINFÜHRUNG

Die Pränataldiagnostik (PND) umfasst alle vorgeburtlichen Untersuchungen, die gesundheitsrelevante Informationen der Schwangeren und des Feten erfassen. Sie zielt damit auf eine medizinische Begleitung von Schwangerschaft und Geburt, die Risiken für das zu erwartende Kind und die werdende Mutter früh erkennt und soweit wie möglich minimiert. Dabei können sowohl invasive als auch nicht-invasive Verfahren zum Einsatz kommen, welche unterschiedlichen medizinischen Fragestellungen beantworten. Ein klassisches, nicht-invasives Verfahren stellt die Ultraschalluntersuchung dar, welche ab einer bestimmten Größe des Feten morphologische Auffälligkeiten wie z. B. eine erhöhte Nackentransparenz darstellen kann. Hingegen folgt bei einer invasiven Fruchtwasserpunktion oder Chorionzottenbiopsie eine genetische Untersuchung des Feten oder seiner Plazenta, welche z. B. eine Trisomie oder eine Mikrodeletion anzeigen kann. Eingebettet werden muss jede genetische pränataldiagnostische Untersuchung in eine genetische Beratung sowohl vor als auch nach Erhalt des Untersuchungsergebnisses. Dies ist so im Gendiagnostikgesetz definiert.

Pränataldiagnistik_Einführung_Abb-1
Eine Auswahl an Schwerpunkten in der Pränataldiagnostik. Sie beinhalten medizinische und auch diagnostische Aspekte. Ziel der Pränataldiagnostik ist es, die genannten Untersuchungsmethoden bei Patienten mit entsprechender Risikokonstellation in einer sinnvollen, bedarfsangepassten Reihenfolge anzuwenden.

Die klassischen Indikationen für eine Pränataldiagnostik stellen neben detektierten Fehlbildungen und vorab bekannten genetischen Aberrationen auch das mütterliche Altersrisiko dar. Die damit einhergehende erhöhte Wahrscheinlichkeit für zahlenmäßige Fehlverteilungen der Chromosomen rechtfertigt(e) in der Vergangenheit die Durchführung einer diagnostischen Punktion des Fruchtwassers oder der Chorionzotten (Amniozentese bzw. Chorionzottenbiopsie). Das Risiko dieser Eingriffe für eine Fehlgeburt liegt heute bei unter 1 zu 1000 (0.1%). Die Einführung neuerer Untersuchungsmethoden, wie hochauflösende Ultraschallverfahren, nicht-invasive Pränataltestung (NIPT) sowie Mikroarray- und Gen-Analysen machen die Entscheidungen für eine Pränataldiagnostik zunehmend komplexer, indem sie die Auswahl an Untersuchungsoptionen und die Bandbreite der erfassbaren Aberrationen um ein Vielfaches erhöhen. Hier gilt es für jedes einzelne Elternpaar, individuell und bedarfsangepasst einen diagnostischen Algorithmus zu entwickeln und die mit der Diagnose-Findung möglichen Unsicherheiten und Ängste der werdenden Eltern durch kompetente genetische Beratung bestmöglich zu minimieren.

Genetische Beratung

Bereits die Möglichkeit einer vorgeburtlichen Diagnostik kann werdende Eltern vor schwierige Fragen stellen und verunsichern. Die genetische Beratung vor oder nach einer vorgeburtlichen Diagnostik stellt eine verantwortungsvolle Schnittstelle zwischen behandelnden FrauenarztIn und PränatalmedizinerIn dar. Wir vermitteln Ihnen das Basisrisiko für angeborene Erkrankungen und Fehlbildungen unter Berücksichtigung Ihrer eigenen und familiären Vorgeschichte (Mutterpass). Darauf basierend zeigen wir für Ihre persönliche Situation die Möglichkeiten und Grenzen sowie ggf. mögliche Risiken der vorgeburtlichen Diagnostik auf. In unserer genetischen Beratung können Fragen zu Erkrankungen, Fehlbildungen oder anderen Merkmalen, die mit einer möglichen erblichen Ursache einhergehen, erörtert werden. Unser Ziel ist es, Ihnen unnötige Sorgen und Ängste zu nehmen und Sie als werdende Eltern auf dem Weg zu einer selbstbestimmten Entscheidung zu begleiten.

Basisrisiko

Jedes Elternpaar hat, unabhängig von der spezifischen Situation, die zur Beratung führte, ein sog. Basisrisiko von etwa 5 %, ein Kind mit einer Fehlbildung oder Krankheit zu bekommen. Nur ein Teil dieser Fehlbildungen bzw. Erkrankungen kann mit Hilfe vorgeburtlicher Untersuchungen erkannt werden. Zur Senkung des allgemeinen Fehlbildungsrisikos (insbesondere von Neuralrohrdefekten, z. B. des „offenen Rückens“) wird eine Folsäureeinnahme empfohlen, die bereits vor der Schwangerschaft beginnen sollte.

 

Mutterpass

Genetische Diagnostik beginnt streng genommen mit dem Mutterpass: er erfasst auch die eigene Krankengeschichte der Schwangeren, des Kindsvaters und die ihrer Familien. 

Bei Fragen zur Erblichkeit einer dort genannten Erkrankung oder Bedeutung einer Auffälligkeit könnte eine „Genetische Beratung“ alle Entscheidungen über eine sinnvolle vorgeburtliche Diagnostik vorbereitend klären.

Fehlbildungen

Drei Ultraschalluntersuchungen sind laut Mutterpass Teil der Vorsorge für jede Schwangere: zur Festlegung des Geburtstermins und der Zahl der Fruchtanlagen bzw. Föten sowie zur Verlaufskontrolle der Schwangerschaft. Der Fein-oder Organschall zwischen der 18. und 22. SSW kann das bisherige Wachstum des Kindes überprüfen, Anlage und Entwicklung des Skeletts und der inneren Organe einschließlich der soweit bereits erkennbaren Gehirnstrukturen. Die für das Ersttrimester-Screening erforderliche Ultraschalluntersuchung achtet primär auf eine mögliche Einlagerung von Wasser in den kindlichen Nacken („NT“), die gehäuft bei einem kindlichen Chromosomen- oder Herzfehler gesehen werden. Nicht selten fallen jedoch bereits hier Anomalien auf, die weiter abgeklärt werden können. Eine genetische Beratung soll vor der Punktion von Fruchtwasser oder Chorionzotten die für die Interpretation des Resultats so wichtigen Angaben zur Eigen- und Familienanamnese ergänzen sowie mit den Partnern die möglichen Befunde und ihren Wunsch nach Abklärung vorbesprechen.

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Pränatalmedizin

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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Diagnostik bei Kindern

GENETISCHE DIAGNOSTIK BEI KINDERN

Die Gründe für die Vorstellung Ihres Kindes in einer humangenetischen Praxis sind vielfältig. Meistens geht es darum, eine Erklärung für die Probleme Ihres Kindes (Symptomatik) zu bekommen. Eine genetische Diagnose kann dem Kind auch weitere Untersuchungen (z. B. MRT = Schichtaufnahmen in Narkose, Liquorpunktion = Punktion des Nervenwassers) ersparen. Oft lässt sich anhand der genetischen Diagnose eine Prognose zur weiteren Entwicklung der Symptome abschätzen und ggf. Therapiekonzepte und Vorsorgeempfehlungen ableiten. In einigen Fällen gibt es spezielle Behandlungsmöglichkeiten. Für viele Eltern stellt dies auch eine Entlastung dar („endlich weiß ich, was mein Kind hat“). Ist die Diagnose gesichert, ist es möglich, Ihnen ein Wiederholungsrisiko anzugeben und eine gezielte vorgeburtliche Diagnostik (Untersuchung in der Schwangerschaft) anzubieten.

Viele Eltern haben auch Sorge vor einer humangenetischen Abklärung und Angst vor einer möglichen Diagnose. Diese Punkte werden in den genetischen Beratungsgesprächen ausführlich diskutiert.

Vorgestellt werden Kinder zum Beispiel bei

  • zu kleinem / zu großem Körperlängenwachstum im Vergleich zu den Eltern,
  • ausgeprägtem Über- / Untergewicht,
  • Entwicklungsstörung (Retardierung) mit und ohne weitere Symptome,
  • Epilepsie mit und ohne weitere Symptome,
  • Autismus-Spektrum-Störung,
  • muskulärer Schwäche,
  • Verlernen von Fähigkeiten,
  • einem besonderen Aussehen (fazialen Dysmorphien),
  • angeborenen Fehlbildungen wie z. B. Herzfehler, Hand- und Fußfehlbildungen, Nierenfehlbildungen sowie
  • Auffälligkeiten der Sinnesorgane (Hör- oder Sehstörung).

So verschieden die Vorstellungsgründe sind, so unterschiedlich sind  auch die Verdachtsdiagnosen, die wir stellen. Wichtig ist herauszuarbeiten, ob ein so genanntes Leitsymptom alleine vorliegt, zum Beispiel, ob das Kind nur wachstumsverzögert ist oder ob weitere Symptome vorliegen, die die Diagnose eines Kleinwuchs-Syndroms möglich machen. Dies können beispielsweise noch eine Lernproblematik oder Fehlbildungen sein. Dies ermöglicht die optimale Betreuung Ihres Kindes in Hinblick auf eine Förderung, spezielle Vorsorgeuntersuchungen, einer spezifischen Therapie oder die Einschätzung des Wiederholungsrisikos. Eine solche übergeordnete Symptomatik aus kombinierten Symptomen wird Syndrom genannt. Bei der klinischen Einschätzung hilft uns unsere Erfahrung im Erkennen von bestimmten Mustern, zum Beispiel von fazialen Dysmorphien. Um eine Verdachtsdiagnose stellen zu können, benutzen wir aber auch spezifische Computerprogramme und tauschen uns mit Kollegen aus. Sie sollten zum Termin alle Voruntersuchungsergebnisse mitbringen (Arztbriefe, gelbes Untersuchungsheft, Mutterpass). Alle Informationen können wichtige Hinweise für die Diagnosestellung sein.

Im Gespräch wird immer die Familiengeschichte abgefragt, mit Erstellung eines Stammbaums über drei Generationen. Besonders wichtig dabei ist, ob es in der Verwandtschaft ähnliche Fälle gibt oder ob Sie z. B. verwandt sind.

Auch wird die medizinische Vorgeschichte Ihres Kindes (nur für die interne Dokumentation und Ihr Einverständnis vorausgesetzt) ausführlich besprochen. Anschließend wird das Kind untersucht, ggf. werden auch Fotos des Kindes gemacht (zur eigenen Verwendung, nur mit Ihrer Genehmigung). Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte, der medizinischen Befunde und des klinischen Aspektes werden mögliche Verdachtsdiagnosen und das weitere diagnostische Vorgehen besprochen. Wenn eine genetische Blutuntersuchung zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose sinnvoll erscheint, wird diese erklärt. Es wird auf mögliche Ergebnisse und deren Bedeutung für das Kind selbst, aber auch für die Familie eingegangen. Die finale Entscheidung, ob eine Diagnostik erfolgt, obliegt immer Ihnen, den Eltern.

Aufgrund der Verdachtsdiagnose wird eine Abschätzung gegeben, welche Untersuchung zunächst sinnvoll erscheint. Typische Untersuchungsmethoden sind Chromosomenanalysen, die Array-CGH und Genanalysen, die als Einzelgenanalysen oder umfang-reiche Panel-/Exom-Untersuchung zur Verfügung stehen.

Je nach Untersuchungstechnik wird auch erläutert, ob möglicherweise auch Nebenbefunde (Zufallsbefunde, die mit der eigentlichen Fragestellung keinen erkennbaren Zusammenhang haben, aber wichtig für das Kind und/ oder die Familie sein könnten) festgestellt werden können. Die Befundbesprechung erfolgt im Rahmen eines erneuten Beratungsgespräches, in dem ausführlich Zeit zur Erläuterung der Diagnose und Klärung Ihrer Fragen vorhanden ist. Weiterhin ist jedoch, auch mit allen zurzeit zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden, nicht bei allen Kindern eine Diagnosesicherung möglich. Auch eine Vorstellung von Kindern, bei denen durch andere Ärzte durchgeführte Untersuchungen bereits eine Diagnose gestellt wurde, kann sinnvoll sein, um den Befund genau zu erläutern. Häufig folgt dann, wenn gewünscht, eine Diagnostik bei den Eltern. Die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kinderärzten, aber auch den Kinderkliniken und sozialpädiatrischen Zentren ist eng, sodass deren Unterstützung auf dem weiteren Betreuungsweg des Kindes gewährleistet ist. Kontakt zu Selbsthilfegruppen wird auf Wunsch vermittelt. Bei weiterem Kinderwunsch werden Adressen von Kollegen genannt, die eine spezielle vorgeburtliche Untersuchung bei der Fragestellung anbieten.

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Pädiatrie

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Prostatakarzinom

PROSTATAKARZINOM

Bei 66.900 Neuerkrankungen pro Jahr ist das Lebenszeitrisiko mit 12,3 % anzugeben. Mehr als 60 % der Fälle werden nach dem 65. Lebensalter diagnostiziert und nur selten vor dem 40. Lebensalter. Histologisch handelt es sich bei über 98 % um Adenokarzinome, maligne Tumore der Epithelschicht des Drüsengewebes.

Risikofaktoren

Risikofaktoren sind das steigende Alter, bestimmte Ernährungsweisen und eine familiäre Belastung. So ist bekannt, dass das Risiko frühzeitig an Prostatakrebs zu erkranken, steigt, wenn einer oder mehrere männliche Familienangehörige erkranken oder weibliche Angehörige wiederholt an Brustkrebs erkrankt sind. Das Risiko für ein Prostatakarzinom verdoppelt sich, wenn ein Verwandter ersten Grades betroffen ist.

Genetische Zuordnung

Ca. 15 % der Männer mit einem Prostatakarzinom weisen eine Keimbahnmutation auf: BRCA2 4,5 %, CHEK2 2,2 %, ATM 1,8 % und BRCA1 1,1% (1).

Darüber hinaus können Mutationen in den Genen RAD51D, MLH1, MSH2, MSH6, PMS2, HOXB13, BRIP1 oder PALB2 zu einem erblichen Prostatakarzinom führen (2).

Die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose einer erblichen Prostatakarzinomerkrankung hängt vom Gleason Score ab: 

  • Gleason 6 – 3 %,
  • Gleason 7 – 21 % und
  • Gleason 8 – 76 %.

Die genetische Zuordnung ist wichtig, da für immer mehr erbliche Tumorsyndrome zielgerichtete Therapien vorliegen. Für Prostatakarzinome verursacht durch BRCA2 sind das PARP-Inhibitoren, beim HNPCC/Lynch-Syndrom steht eine PD1- Blockade zur Verfügung.

Bedeutung und klinische Charakteristika am Beispiel einer
BRCA2-Mutation

  • 77 % Gleason Score > 8
  • Mittleres Erkrankungsalter 61 Jahre
  • BRCA2-Mutation bedeutet 30 – 40 % Erkrankungsrisiko
  • Therapieoption mit PARP-Inhibitoren
  • Hohes Brust- und Ovarialkarzinomrisiko bei Frauen in der Familie

Die allermeisten Prostatakarzinome treten familiär gehäuft auf, es lässt sich aber keine Mutation in einem der hier genannten Gene nachweisen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um sogenannte polygene Formen. Hier müssen viele, vermutlich mehrere hundert, einzelne genetische Varianten zusammenkommen damit sich eine signifikante Risikoerhöhung ergibt. Die einzelnen Varianten führen nur zu einer marginalen Risikoerhöhung, in der Summe kann sich jedoch eine signifikante Risikoerhöhung ergeben. Da diese Varianten in der Bevölkerung häufig sind und auch Frauen diese Varianten tragen, ergeben sich familiäre Häufungen, meist im höheren Lebensalter. Die Analyse dieser polygen vererbten Formen ist grundsätzlich schon möglich. Die sich daraus ergebenden klinischen Konsequenzen müssen in Studien noch erarbeitet werden.

Quellen

(1.) Giri VN, Hegarty SE, Hyatt C, O’Leary E, Garcia J, Knudsen KE, u. a. Germline genetic testing for inherited prostate cancer in practice: Implications for genetic testing, precision therapy, and cascade testing. Prostate. 2019;79(4):333-9. 

(2.) Zhen JT, Syed J, Nguyen KA, Leapman MS, Agarwal N, Brierley K, u. a. Genetic testing for hereditary prostate cancer: Current status and limitations. Cancer. 01 2018;124(15):3105–17.

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Onkologie

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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Fachinformationen

Erblicher Darmkrebs

ERBLICHER DARMKREBS

Krebs gehört zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Die Diagnose Darmkrebs trifft jedes Jahr etwa 71.000 Menschen. Durch prophylaktisch präventive Maßnahmen wie z. B. eine Darmspiegelung ist er vermeidbar. In der Vorsorge erkannt, ist er oft heilbar. Bei einer genetischen Risikoerhöhung sind intensivere Früherkennungsmaßnahmen als für die Allgemeinbevölkerung sinnvoll. Etwa eine von 250 Personen trägt eine Risikoerhöhung für Darmkrebs basierend auf einer vererbbaren genetischen Veranlagung.

Kriterien zur Abklärung des individuellen Risikos

Trifft eines der nachfolgend genannten Kriterien auf Sie oder Ihre Familie zu, sollten Sie das individuelle Risiko abklären lassen:

  • Auftreten von Darmkrebs bei mehreren Familienmitgliedern,
  • ein Erkrankungsalter für Darmkrebs oder Gebärmutterkrebs vor dem Lebensjahr oder schleimbildendes Karzinom vor dem 60. Lebensjahr,
  • zwei oder mehr Darmkrebserkrankungen bei einem Familienmitglied,
  • Darmkrebs und andere Krebserkrankungen in der Familie und/oder
  • Neigung zur Polypenbildung.

Erblicher Darmkrebs

Man unterscheidet im Wesentlichen erbliche Darmkrebserkrankungen mit einer Neigung zur Polypenbildung (Polyposis) und solche mit nur wenigen Polypen im Darm (HNPCC – hereditäres nicht polypöses kolorektales Karzinom).

FAP/MAP (familiäre adenomatöse Polyposis): Hier geht dem Darmkrebs ein vermehrtes Wachstum von   Polypen im Dickdarm, eine sog. Polyposis voraus. Die Erkrankung wird meist im Stadium der Polyposis ohne Karzinomerkrankung diagnostiziert.

HNPCC: Man findet, wenn überhaupt, nur eine geringe Anzahl von Polypen.  Meist liegt bei Diagnosestellung bereits eine Krebserkrankung vor. Seltener können auch Krebserkrankungen in anderen Organen auftreten: Gebärmutter, Niere, Harnleiter, Magen, Eierstöcke.

Erhöhtes Risiko für Darmkrebs – was tun?

Wenn Sie aufgrund der genannten Kriterien ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs befürchten und Sie sich näher über Ihr individuelles Risiko und die Möglichkeiten zur Früherkennung und Prophylaxe informieren möchten, ist eine humangenetische Beratung  sinnvoll. Die Inanspruchnahme eines genetischen Beratungsgespräches ist unabhängig davon ob Sie selbst von einer Krebserkrankung betroffen sind oder nicht.

Bei der genetischen Beratung klären wir gemeinsam mit Ihnen, ob die in der Familie aufgetretenen Krebserkrankungen möglicherweise eine erbliche Ursache haben, und wie hoch Ihr persönliches Risiko ist, an Krebs zu erkranken. Ein wesentlicher Bestandteil der genetischen Beratung ist die Erstellung eines Familienstammbaums

bis hin zu den Großeltern. Hier vermerken wir mit Ihnen zusammen so detailliert wie möglich, welche Verwandten in welchem Alter an welchem Krebs erkrankten.

In Abhängigkeit von der Risikoeinschätzung kann eine genetische Blutuntersuchung von den heute bekannten Darmkrebsgenen sinnvoll sein. Sollten wir bei Ihnen feststellen, dass ein erbliches Darmkrebsrisiko besteht, werden wir gemeinsam darüber sprechen, was diese Erkenntnis für Ihr weiteres Leben und das der Familie bedeutet.

Diese Ergebnisse ermöglichen für Sie, Ihre Nachkommen und die weiteren Familienmitglieder:

  • die korrekte Einschätzung des Erkrankungsrisikos,
  • eine Vorsorgeempfehlung, die auf dieses Risiko angepasst ist,
  • die Erfassung weiterer Risikopersonen in der Familie sowie
  • ggfs. eine entsprechend dem Genetikbefund individualisierte Krebstherapie.

Nur durch korrekte Risikoeinschätzung und die sich daraus ergebenden Vorsorgemaßnahmen können Krebserkrankungen in den betroffenen Familien entweder verhindert oder so frÃüh erkannt werden, dass sie mit den individualisierten therapeutischen Maßnehmen eine hohe Aussicht auf Heilung haben.

Selbsthilfegruppen erbliche Tumorerkrankungen

Autor: Klinische Kompetenzgruppe Onkologie

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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