Über 70 % der Mammakarzinome sind HR-positiv und HER2-negativ. Die übliche adjuvante Behandlung ist in diesem Fall die endokrine (antihormonelle) Therapie, die allerdings nicht bei allen Patienten anschlägt. Bei 40 – 50 % dieser HR-positiven/HER2-negativen Patienten mit einem Brustkrebs im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium sind aktivierende PIK3CA-Mutationen im Tumor nachweisbar, die zu einer Hyperaktivierung des PI3K/Akt-Signalweges führen (André et al. 2019, Strohkamp et al. 2021). Dies ist mit einer Stimulierung des Tumorwachstums, einer Resistenzentwicklung gegenüber der Hormontherapie und einer schlechteren Prognose für die Patienten assoziiert. Die Mehrheit der aktivierenden somatischen PIK3CA-Mutationen treten in der Helix- und der Kinase-Domäne auf. Dabei machen vier Hotspot-Mutationen (E542K, E545K, H1047R und H1047L) mehr als 80 % der PIK3CA-Mutationen in Mammakarzinomen aus (Ellis und Ma 2019, Keraite et al. 2020).
Bei durch somatische PIK3CA-Mutationen erworbener Hormonresistenz sollte die Gabe von PIK3-Inhibitoren erwogen werden. Hierfür muss jedoch eine somatische PIK3CA-Mutation im Tumorgewebe bzw. in zirkulierender Tumor-DNA (Liquid Biopsy) nachgewiesen werden. Der PIK3-Inhibitor Alpelisib (Handelsname Piqray®) wird in Kombination mit dem Anti-Östrogen Fulvestrant (Handelsname Faslodex®) zur Behandlung von postmenopausalen Frauen und Männern mit einem HR-positiven, HER2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom mit somatischen PIK3CA-Mutationen angewendet, wenn die Erkrankung nach endokriner Therapie als Monotherapie fortschreitet. In der Phase-III-Studie SOLAR-1 wurde gezeigt, dass die Therapie bei Patienten mit Alpelisib + Fulvestrant zu einer statistisch signifikanten Verlängerung des Progressions-freien Überlebens führte (André et al. 2021). Mit einer im Praxisnetz Humangenetik Deutschland neu etablierten Methode können mittels eines NGS- (Next Generation Sequencing-) Verfahrens diese PIK3CA-Mutationen aus zellfreier DNA (Liquid Biopsy) detektiert werden.
Wo kann die Analyse durchgeführt werden?
Hinweise zur Abrechnung
Diese Untersuchung ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen und wird über die GOPen 19462 und 19463 des EBM abgerechnet. Wir benötigen einen Laborüberweisungsschein Muster 10.
Laut der aktuellen Angaben von Novartis wurde Piqray® zum 01.05.2021 vom deutschen Markt zurückgezogen, bleibt jedoch unabhängig davon in der EU zugelassen. Es kann somit weiterhin Patienten in Deutschland verordnet und in Rücksprache mit der jeweiligen Krankenkasse über eine Apotheke aus EU-Ländern (gem. § 73 Abs. 1 AMG) bezogen werden. Mit der Krankenkasse ist zudem die Frage der Kostenübernahme zu klären.
Quellen
- Ellis und Ma. Curr Oncol Rep. 2019 Dec 11;21(12):110
- Keraite et al. Sci Rep. 2020 Oct 13;10(1):17082
- André et al. N Engl J Med. 2019 May 16;380(20):1929-1940
- Strohkamp et al. Journal Onkologie 4/2021
- www.krebsgesellschaft.de
- Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms (Version 4.4), Juni 2021, Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) 202
- www.novartis.de/arzneimittel-produkte/piqray-informationen-zur-risikominimierung.
Autoren:
Dipl.-Biol. Vivien Klaschka, PD Dr. med. Stefan Krüger, MHBA, Dipl.-Mol.Med. Maria Großmann (GP für Humangenetik Dresden), Dr. rer. nat. Beate Küchler, PD Dr. Jens Plaschke (MEWIGEN Dresden)