NIPT & Ersttrimesterscreening

Nicht-Invasiver Pränatataltest (NIPT)

Mit sogenannten Nicht-invasiven pränatalen Tests (NIPT) kann aus dem Blut der schwangeren Frau ab der 10. Schwangerschaftswoche eine Untersuchung auf ausgewählte genetische Veränderungen des ungeborenen Kindes erfolgen. Dabei werden bestimmte Abschnitte von Erbsubstanz (DNA) analysiert, die vom kindlichen Anteil des Mutterkuchens in das Blut der Schwangeren übergegangen sind. Die Analyse bezieht sich meist auf die häufigsten Chromosomenstörungen (zahlenmäßige Abweichungen der Chromosomen 13, 18, 21, X und Y). Die Untersuchung kann erwogen werden, wenn eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine chromosomale Erkrankung des zu erwartenden Kindes besteht, z. B. bei höherem Alter der Schwangeren, bei Auffälligkeiten im Ultraschall oder im Ersttrimester-Screening oder wenn bereits eine Schwangerschaft beispielsweise mit einer fetalen Trisomie 21 aufgetreten ist. Da eine Chromosomenstörung prinzipiell aber in jeder Schwangerschaft auftreten kann, entscheiden sich einige Schwangere auch dann für diese Untersuchung, wenn keine erhöhte Wahrscheinlichkeit, sondern lediglich das allgemeine Basisrisiko besteht.

Zudem kann das Geschlecht des Kindes bestimmt werden. Dies kann von medizinischer Bedeutung sein, wenn die Schwangere Überträgerin einer geschlechtsgebundenen Erkrankung ist.

In zunehmendem Maße ist auch die Abklärung weiterer genetischer Erkrankungen möglich. Dies betrifft z. B. seltenere Chromosomenstörungen, Mikrodeletionssyndrome und perspektivisch auch Gen-Analysen. Eine Untersuchung in diesen speziellen Fragestellungen sollte nach fachkompetenter Beratung durch einen Humangenetiker angefordert werden.

Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei allen NIPT-Verfahren um eine statistische Auswertung handelt, bei denen die Chromosomen nicht direkt dargestellt werden können. Die Ergebnisse stimmen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Chromosomen­konstellation bei dem ungeborenen Kind überein. Dennoch sind sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse möglich. Wir hoch die Rate einer Falschaussage ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und sollte individuell im Rahmen einer genetischen Beratung besprochen werden. Bei einem auffälligen Ergebnis sollte zur Bestätigung eine invasive Diagnostik (z. B. Fruchtwasseruntersuchung) erwogen werden.

Anzumerken ist, dass chromosomale Mosaike, Polyploidien, Strukturabweichungen oder Veränderungen nicht beurteilter Chromosomen nicht erkannt und dass nicht-chromosomal bedingte Erkrankungen (z. B. Stoffwechseldefekte) mit dieser Untersuchung aktuell nicht erfasst werden können.

Die nicht-invasive Pränataltestung (NIPT) stellt ein vorgeburtliches Testverfahren dar, welches durch eine Analyse von freizirkulierender, zellfreier DNA (cfDNA; engl. cell free DNA) aus einer mütterlichen Blutprobe genetische Eigenschaften des Feten ableiten kann. Initial wurde die NIPT entwickelt, um eine Trisomie 21 ohne eingriffsbedingtes Risiko einer Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) detektieren zu können. Dabei nutzte man die Beobachtung, dass ein Fetus mit einer Trisomie 21 mehr Chromosom 21 spezifische cfDNA-Fragmente zur gesamten zellfreien DNA beisteuert als ein Fetus ohne Trisomie 21. Jedoch sind diese quantitativen Unterschiede so klein und so variabel, dass man sie nur mit hochauflösenden Verfahren wie z. B. Next Generation Sequencing (NGS) entdecken kann. So lassen sich ca. 1,5 % aller zellfreien DNA-Fragmente auf das Chromosom 21 bei einem nicht-trisomen Feten zurückführen. Bei einem Feten mit einer Trisomie 21 hingegen liegen 1,575 % dieser Chromosom 21 spezifischen Fragmente vor. Es ist daher notwendig, diese Differenz von 0,075 % mit molekulargenetischen und bioinformatischen Methoden von ubiquitären Artefakten und Variationen zu unterscheiden.

Für eine verlässliche Detektion einer Trisomie 21 im Rahmen einer NIPT muss ein Mengenunterschied der cfDNA von Chromosom 21 von 0,075% sicher erfasst werden können.

Die NIPT stellt kein diagnostisches Verfahren dar, sondern gilt als Testverfahren mit hoher Sensitivität und Spezifität. Trotzdem sind falsch-positive und falsch-negative Befunde möglich. Dies resultiert u. a. aus dem plazentaren Ursprung der cfDNA. Die genetische Konstitution der Plazenta wird annäherungsweise für die genetische Konstitution des Feten verwendet. In der Plazenta können jedoch genetische Mosaike vorkommen (zwei oder mehrere Zelllinien mit unterschiedlicher genetischer Ausstattung), welche nicht repräsentativ für den Feten an sich sind. Aufgrund der möglichen Konsequenzen wird bei einem auffälligen NIPT-Befund empfohlen, dass NIPT-Ergebnis mittels Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zu bestätigen.

Verfahrenstechnisch beginnt eine NIPT mit der Separation von Blutplasma von seinen korpuskulären Bestandteilen. Die in dem Blutplasma befindliche cfDNA wird aufgereinigt und anschließend je nach Testanbieter mit unterschiedlichen Verfahren analysiert. Bei einem gesamt-genomischen NIPT-Verfahren wird die komplette cfDNA unselektiert in eine Sequenzierbibliothek überführt, die dann prinzipiell auf genomweite Fragestellungen hin untersucht werden kann. Bei anreicherungsbasierten NIPT-Verfahren hingegen werden zielgerichtet einzelne genetische Loci angereichert, z. B. Loci von Chromosom 21, welche dann fokussiert, z. B. auf das Vorhandensein einer Trisomie 21 ausgewertet werden.

Die cfDNA aus dem mütterlichen Blut beinhaltet neben den Fragmenten plazentaren Ursprungs auch mütterliche cfDNA-Fragmente (Verhältnis ca. 1:10 ab der 10. Schwangerschaftswoche). Mit zunehmender Schwangerschaftswoche und dem damit einhergehenden Wachstum der Plazenta steigt der Anteil an der sog. fetalen (bzw. plazentaren) Fraktion kontinuierlich an. Qualitativ unterscheiden sich die mütterlichen (maternalen) Fragmente von plazentaren Fragmenten hinsichtlich ihrer Fragmentlänge: maternale Fragmente sind durchschnittlich um in etwa 20 Basenpaare länger als die plazentaren Gegenstücke.

Der prinzipielle Ablauf einer NGS basierten NIPT

Neben den klassischen Trisomien 21, 18 und 13 können auch Fehlverteilungen der Geschlechtschromosomen wie ein Klinefelter (XXY), Turner (X0), Triple X (XXX) und XYY Syndrom  im Rahmen einer NIPT festgestellt werden. Der Testumfang hat Erweiterungspotential. So kann man mittlerweile auch auf seltene autosomale Aneuploidien wie z. B. Trisomie 16, spezielle Mikrodeletionen wie die DiGeorge Mikrodeletion (Deletionsgröße ca. 2,5 Megabasen) oder Deletionen und Duplikationen ab einer bestimmten Größe (z. B. größer 7 Megabasen) testen. Auch Mutationen, welche schwerwiegende Einzelgenerkrankungen beim Feten verursachen, können mittlerweile aus einer mütterlichen Blutprobe detektiert werden. Wie medizinisch sinnvoll diese einzelnen Testoptionen sind, ist individuell vor dem Hintergrund der Aussagekraft des Befundes abzuwägen. Im Rahmen einer genetischen Beratung vor und ggf. nach Durchführung einer NIPT gilt es somit, das Patienten-spezifische a priori Risiko zu erfassen und alle medizinisch indizierten Untersuchungsoptionen ergebnisoffen mit Schwangeren zu besprechen.

Erst-Trimester Screening (ETS)

Das Ersttrimester-Screening wird zwischen der 11+0 und 13+6 Schwangerschaftswoche durchgeführt. Bereits in dieser Phase können schwere Fehlbildungen der Organe oder des Skeletts durch eine Ultraschalluntersuchung (frühe Feindiagnostik) zum Teil erkannt werden. Die gezielte Ultraschallmessung der Nackentransparenz (NT) ist ein wichtiger Bestandteil der mittels eines Computerprogramms berechneten individuellen Wahrscheinlichkeiten für Chromosomenstörungen, insbesondere die Trisomie 21, 18 oder 13. In Kombination mit zusätzlichen Parametern (mütterliches Alter, Schwangerschafts-Hormone PAPPA und ß-HCG im mütterlichen Blut, Ultraschallmarker) kann die Erkennungsrate höher ausfallen. Ein erhöhter NT-Wert ist keine eigene Erkrankung, kann aber hinweisend auf eine Chromosomenstörung oder genetische Erkrankung sein. Das Erst-Trimester-Screening kann als Entscheidungshilfe für weiterführende Untersuchungen (NIPT, diagnostische Punktion) herangezogen werden, eine Diagnose wird hierdurch nicht gestellt. Grundsätzlich gilt, dass das Risiko für Chromosomenstörungen mit dem Lebensalter der Schwangeren ansteigt. Insofern ist das Erst-Trimester-Screening besonders sinnvoll ab dem 35. Lebensjahr, aber auch nach Auffälligkeiten in einer vorhergehenden Schwangerschaft oder in der Familie.

Magenkarzinome im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome

Ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome besteht auch im Rahmen anderer erblicher Tumorsyndrome. Insbesonde-reisthierdiehäufigsteFormvonerblichemDarmkrebs (das so genannte HNPCC/Lynch-Syndrom) zu nennen, bei dem die Träger einer ursächlichen genetischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, aber auch für Tumoren in der Gebärmutter, den Eierstöcken, dem Magen, dem Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse, den ableitenden Harnwegen und für bestimmte Hauttumoren tragen. Auch bei verschiedenen gastrointestinalen Polyposis-Syndromen ist ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko beschrieben.

Dies sind vor allem die Familiäre Adenomatöse Polyposis und das verwandte GAPPS (gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach), die durch Mutationen im APC-Gen verursacht werden, sowie die Juvenile Polyposis (SMAD4- und BMPR1A- Gen) und das Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Gen). Sehr selten liegt auch ein Li-Fraumeni-Syndrom zugrunde, das mit einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Tumoren einhergeht.

Familiäres Magenkarzinom

Klinik

In vielen Familien, in denen eine Häufung von Magenkarzinomen eine erbliche Ursache vermuten lässt, kann derzeit keine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass in diesen Familien Varianten in bislang nicht bekannten Risikogenen für das familiäre Auftreten von Magenkarzinomen verantwortlich sind. Der Nachweis eines erblichen Tumorsyndroms bei einem Patienten hat weitreichende Konsequenzen für seine weitere klinische Betreuung. Dies gilt zum einen für die Wahl des operativen Verfahrens, bei dem das hohe Risiko für Zweitkarzinome berücksichtigt werden muss. Zum anderen benötigen auch gesunde Träger einer pathogenen CDH1-Mutation lebenslang eine intensivierte Vorsorge bezüglich Magenkarzinomen, bei Frauen zusätzlich bezüglich Mammakarzinomen. 

Genetik

Um eine sinnvolle Früherkennung zu gewährleisten sind engmaschige Biopsien der Magen- wand notwendig, da diffuse Magenkarzinome im Frühstadium häufig innerhalb der Magenwand wachsen und endoskopisch nicht zu erkennen sind. Lange wurde von Experten-Netzwerken die prophylaktische Gastrektomie bei gesicherten Mutationsträgern als sinnvollste Maßnahme emp- fohlen. Inzwischen wird diese Empfehlung aufgrund der häufig begleitenden Einschränkung derLebensqualität jedoch wieder vorsichtiger ausgesprochen. (1)

Quellen:
(1.) van der Post RS, Vogelaar IP, Carneiro F, Guilford P, Huntsman D, Hoogerbrugge N, u.a.Hereditary diffuse gastric cancer: updated clinical guidelines with an emphasis on germline CDH1 mutation carriers. J Med Genet. Juni 2015;52(6):361–74.

Klinik

Beim Hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom besteht neben der Neigung zu Paragangliomen ein erhöhtes Risiko für Phäochromozytome. 

Paragangliome und Phäochromozytome treten z. B. auch bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (Mutationen im VHL-Gen) oder Neurofi- bromatose Typ 1 (Mutationen im NF1-Gen) auf.

Genetik

Bei 20 – 70 % der familiären Fälle werden Mutationen in den Genen SDHD, SDHB oder SDHC nachgewiesen. Seltener werden Mutationen in den Genen SDHAF2, SDHA, MAX und TMEM127 gefunden. Für weitere Gene (z. B. KIF1B und EGLN1) ist ein Zusammenhang bisher nicht gesichert.

Weitere Formen

Endokrine Tumore sind u. a. auch im Rahmen folgender weiterer Erkrankungen beschrieben: Tumore der Nebennierenrinde (adrenokortikale Karzinome) beim Li-Fraumeni-Syndrom (TP53-Mutationen), Hyperparathyreoidismus bei Mutationen in den Genen CASR oder CDC73, Hypophy- sentumore bei Mutationen in den Genen AIP oder PRKAR1A.

 

Handlungsempfehlungen

Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos vieler der o. g. Erkrankungen werden für Mutationsträger teilweise spezielle Früherkennungsuntersuchungen und ggf. prophylaktische Operationen empfohlen.

Quellen: Ferreira et al. Cancer Manag Res. 2013 May 8;5:57-66, Khatami and Tavangar Biomark Insights 2018 Jul 2;13, Martucci and Pacak Curr Probl Cancer. 2014 Jan-Feb;38(1), Norton et al. Surg Oncol Clin N Am. 2015 Oct;24(4) Thakker et al. Clinical Practice. J Clin Endocrinol Metab, 2012, 97(9):2990-3011, Gene- Reviews, OMIM

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